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Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1901.
des Reichspost-Amtes und einiger Fach-Meteorologen, welche den .Zweck hatte,
die Einrichtung eines Wetterdienstes im Interesse der Landwirthschaft in die Wege
zu leiten. Hierüber wird im Anhänge zum Abschn. IX noch weiter berichtet werden.
I. Wettertelegraphie.
Einrichtung des wettertelegraphischen Verkehrs mit den meteorologischen Instituten
i und Stationen Europas.
Nenregulirung des wettertelegraphischen Dienstes.*)
ln dem vorigen Jahresberichte wurde der Weg angegeben, welcher zum
weiteren Ausbau des neuen Systems einzuschlagen für nothwendig erachtet wurde.
Es galt zunächst, den Anschluss an den Süden und Osten Europas zu erreichen
und dabei den Depeschenverkehr insbesondere mit Frankreich und den britischen
Inseln zu ergänzen. Um aber dieses erreichen zu können, war es von groiser
Wichtigkeit, die Sammeldepeschen, welche bisher die Verzögerungen im Depeschen-
verkehr in erster Linie bewirkten, in Wegfall zu bringen und dafür Einzeldepeschen
einzusetzen, und diese möglichst zu beschleunigen. Die Erfahrung hat in genügen
der Weise gezeigt, dass ein solches Vorgehen nicht allein möglich, sondern auch
verhältnifsmäfsig unschwer zu bewerkstelligen ist.
Auf diese Weise wurden zuerst die Sammeldepeschen aus Oesterreich-Ungarn
in Einzeldepeschen verwandelt, welches Vorgehen zur Folge hatte, dass diese
Depeschen regelmässig und rechtzeitig in Hamburg ankamen und für den Wetter
dienst voll verwerthet werden konnten. Dabei sei bemerkt, dass hierfür den be
treffenden Beobachtern (ausser dem Beobachter zu Wien) eine Remuneration von
200 M. jährlich bewilligt wurde.
Ebenso wurde die Umwandlung der italienischen Sammeldepesche in Einzel
depeschen bewerkstelligt. Diese Depeschen gelangten nun zwar viel früher an, als
es bisher der Fall gewesen war, theilweise schon um 9 h M. E. Z., indessen sind
noch manche Unregelmäfsigkeiten zu verzeichnen, welche störend auf den Dienst
einwirken. Immerhin kann aber die Thatsache konstatirt werden, dafs es ein
gerichtet werden kann, dafs sämtliche italienische Wetterdepeschen schon um 9 h
M. E. Z. in Hamburg vorhanden sein können.
Diesen Beispielen ist auch Frankreich gefolgt, welches am Ende des Berichts
jahres statt der Sammeldepesche Einzeldepeschen versendet, wodurch eine be
deutende Beschleunigung erreicht wurde. Indessen ist auch hier der Depeschen
verkehr noch ein unregelmäfsiger zu nennen. Namentlich ist zu bedauern, dafs
die Telegramme aus Ile d’Aix und Paris trotz der vielfachen und eifrigen Be
mühungen der Direktion, wie auch der französischen Zentralstelle immer noch ver
spätet hier ankommen.
Mit London sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Neben den
7 Frühdepeschen laufen am Morgen noch 2 Sammeldepeschen ein. Es wird darauf
hin gearbeitet, diese beiden Sammeltelegramme in Wegfall zu bringen und dafür
noch weitere 8 Frühdepeschen zu setzen, sodafs von den britischen Inseln am
Morgen vor 9 h M. E. Z. 10 Depeschen, alle bezogen auf 7 h Greenw. Zeit oder 8 h
M. E. Z. in Hamburg anlangen. Diese Einrichtung würde auch den Bedürfnissen
des Sturmwarnungswesen sehr entsprechen.
Die Umwandlung der Russischen Sammeldepesche in Einzeltelegramme konnte
bis jetzt noch nicht erzielt werden. Jene gelangt noch immer mit bedeutenden
*) Vergl. Jahresbericht der Deutschen Seewarte für 1900, S. 42—52, und van Bebber in
„Allgemeine Naturforscher-Zeitung“ Nr. 5 und 6.