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4 Untersuchungen zum Gasaustausch
Im Labor lässt sich der rein diffusive Vorgang durch besondere Bedingungen erzeugen.
In der natürlichen Umwelt wird er dagegen selten an der Grenzfläche Wasser-
Atmosphäre zu beobachten sein, da sowohl Meer als auch Atmosphäre durch Wind in
turbulenter Bewegung gehalten werden. Bei der Beschreibung dieser komplexen
Vorgänge mit einem Modell werden von verschiedenen Autoren unterschiedliche
Vorraussetzungen gemacht, die dann zu verschiedenen Betrachtungsweisen der
Phänomene führen. Die Autoren gehen davon aus, dass der CL-Austausch zwischen
Atmosphäre und Wasseroberfläche bei niedrigen Windgeschwindigkeiten durch die
Bildung von organischen Filmen (Frew, 1997) an der Wasseroberfläche verzögert und
bei stärkerem Wind durch den Eintrag von Gasblasen beschleunigt wird (Asher et al.,
1996; Woolf, 1997; Asher & Wanninkhof, 1998a).
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine starke Abhängigkeit der
Transfergeschwindigkeit von der Windgeschwindigkeit besteht, die allgemein nach Gl.
2.19 ausgedrückt werden kann (u.a. Liss, 1983a; Merlivat und Memery, 1983; Jähne et
al., 1984; Liss und Merlivat, 1986; Wanninkhof und Bliven, 1991; Wanninkhof, 1992;
Wanninkhof et al., 1993; Wanninkhof und McGillis , 1999; Nightingale et al., 2000b;
Frost und Upstill-Goddard, 2002; Woolf, 2005). Ziel dieses Abschnittes war es, mit
Hilfe der im Kapitel 2 vorgestellten Parametrisierungen der Transfergeschwindigkeit
die 02-Sättigungsgrade zu bestimmen und mit den gemessenen 02-Sättigungen zu
vergleichen.
Für die Untersuchung wurde eine Position in der südlichen Nordsee bei der Marnet-
Station „Deutschen Bucht“ ausgesucht. An dieser Station werden u.a. Temperatur und
Salzgehalt in unterschiedlichen Tiefen stündlich gemessen. Wegen technischer
Probleme waren die Zeitreihen im Jahr 2000 lückenhaft. Seit 2000 wird auf der Station
auch Sauerstoff mit zwei Sensoren jeweils in 6 m und 30 m Tiefe quasi-kontinuierlich
gemessen. Eine Auswertung der gemessenen Daten zeigte, dass die von den beiden
Sensoren aufgenommenen Sauerstoffzeitreihen teilweise bis zu 40 % von einander
abweichende Sättigungsgrade lieferten. Die Ursache dafür lag in der im Jahr 2000
verwendeten Methode (pers. Mitteilung von Machoczek, BSH). Aufgrund der großen
Streuung der Meßwerte wegen der methodischen Probleme bei der Bestimmung der
Sättigungsgrade konnten somit diese Daten in die Untersuchungen nicht mit einbezogen
werden. Alternativ wurden diskrete Proben titrierter Sauerstoffsättigungswerte sowie
die in der DOD-Datenbank erfassten Beobachtungen benutzt.
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass die unterschiedlichen Transfergeschwindig
keiten sich direkt auf den Sauerstoff-Sättigungsgrad der Oberflächenschicht auswirken.
Besonders ist dies in der Zeit erhöhter Produktivität der Fall. Je kleiner die
Transfergeschwindigkeit ist, desto langsamer stellt sich das Gleichgewicht der
Konzentration der Oberflächenschicht mit der Atmosphäre her. Weiterhin konnte
gezeigt werden, dass die Abnahme der gemessenen Sauerstoffkonzentration an der
Oberfläche, die aus der sommerlichen Erwärmung des Wassers folgt, mit Hilfe aller
parametrisierten Gasflüsse gut simuliert werden konnte. Insgesamt liefern diese