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Aus den Reiseberichten S.M.S. „Medusa‘“, Korv.-Kapt. Hollmann. )
Ueber den Aufenthalt der „Medusa“ bei Ilha Grande (vom 30. Oktober
bis 5. November 1877) und über die Reise von Ilha Grande bis Pard berichtet
Korv.-Kapt. Hollmann Folgendes:
l. Aha Grande.
„Ansegelung. Die vorhandenen Karten scheinen durchaus zuverlässig,
auch hat das Fahrwasser keine verdeckten Gefahren; wo sich Riffe erstrecken,
brandet das Wasser, da immer Dünung läuft; im Allgemeinen sind die Küsten
aber ganz klar. Trotzdem muss man sich unter Segel vor allzugrosser An-
näherung hüten, da der Wind unter Land unkontrolirbar ist, Eine gute Marko
ist die im Fahrwasser liegende Insel Pao Pino. Dieselbe hat eine kegelförmige
Gestalt und trägt auf dem Gipfel einen einzelnen hohen Baum inmitten von
Buschwerk, während die Basis über den von Wasser umspülten Steinen ein
weisses, verwittertes Gestein zeigt.
Ankerplatz, Wir ankerten in der Aldrahao- Bucht auf der in der
Karte durch einen Anker bezeichneten Stelle, woselbst blauer Thon einen vor-
züglichen Ankergrund gewährt. In der Bucht liegt man zwischen Ost über
Süd und West vor den hohen Bergen der Insel, nach den anderen Richtungen
vom Festlande umgeben, vollkommen geschützt gegen alle Winde und direkten
Seegang. Auch ist Raum genug, um mit allen Winden unter Segel zu ankern
and Anker auf zu gehen.
Das Land nimmt meist unmittelbar von der Küste aus eine starke An-
steigung, so dass die über 940m hohen Kuppen dicht an das Meer gerückt
erscheinen, die unteren Theile der Gebirge sind zum Theil mit Kaffee, Baum-
wolle und Zuckerrohr angebaut, das hohe Land aber, ebenso wie die steilen
Abhänge sind von Urwald bedeckt.
Mehrere Wasserläufe kommen aus den Thälern herunter; da, wo sie
münden, trifft man in kleinen Einbuchtungen meist Sandstrand an, welcher den
Booten ein höchst bequemes Landen gestattet. .
Bewohner, Hier findet man auch in spärlicher Vertheilung über die
ganze Bucht die Ansiedelung der Einwohner vor, eine Mischlings - Rasse ohne
hervortretende Nationalität. Von dem Vorhandensein einer Behörde oder Re-
spekts-Person habe ich nichts bemerken können, Die Menschen leben in der
diesen Südländern eigenthümlichen Anspruchslosigkeit von Fischen, Vegetabilien
and Früchten. Viehzucht wird nicht betrieben. Von dem geringen Ertrage
ihres Landbaues beschaffen sie sich die spärliche Kleidung.
Von einer Verbindung mit dem Festlande haben wir nichts wahrgenommen;
die Kanoes, welche den Einwohnern zum Fischfang dienen, sind kaum genügend
für eine längere Seereise, sie konnten bei aufkommender Dünung längsseit die
See nicht halten.
Wenngleich die See fischreich zu sein scheint, sahen wir den Fang nur
mit Netzen nahe dem Strande betrieben, wobei freilich die Ausbeute eine so
geringe war, dass nicht einmal für die Messen, geschweige denn für die Mann-
schaften genügende Quantitäten Fische zu beschaffen, waren. Dasselbe gilt von
den Früchten. Auf eine Versorgung mit frischem Proviant, selbst im geringsten
Maassstabe, ist hier überhaupt nicht zu rechnen. Auch an frischem Wasser war
kein Ueberfluss; alle Wasserläufe, bis auf zwei, waren trocken, und auch diese
beiden lieferten wenig und nur schwer zugängliches Wasser.
Die Witterungs-Verhältnisse trafen wir hier nicht so angenehm, wie in
Rio, die Hitze war während des Tages empfindlicher, wozu ausser der höheren
Temperatur auch der Mangel einer erfrischenden Brise beitrug; jeden Abend
zogen Gewitter auf, die viel Regen, aber wenig Abkühlung brachten.
Charakteristische Land- und See-Winde treten nicht auf, die letzteren werden von
der hohen Insel aufgehalten und wehen, wenn überhaupt, nur in Stössen über
die Berge. Im Allgemeinen waren ganz veränderliche Winde und Stillen vor-
herrschend.“
}S. „Ann, d. Hydr. ete.“ 18577, pag, 608 und 612; 1878 pag. 12