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des Fahrwassers des Flusses Nyawu, ebenso die Lage und Form der in dem-
selben liegenden Bänke und Inseln haben sich so verändert, dass die bisher
hierüber vorhandenen Karten der Wirklichkeit nicht mehr entsprechen.
Der vor und bei Wenchau liegende Theil des Flusses bildet den Hafen
der Stadt Wenchau. Bis hierher können Schiffe bis zu einem Tiefgange von
4,7m mit der Fluth kommen, während tiefer gehende Schiffe bei Jar point
bleiben müssen, weil von hier ab flussaufwärts viele Bänke, die vielfachen Ver-
änderungen unterworfen sind, in dem Flusse liegen. Näheres zeigt die Karte.
Ueber die Stadt Wenchau, ihre Bewohner und die zur Zeit der Anwesen-
heit des „Cyclop“ daselbst vorgefundenen Verkehrs- und Witterungsverhältnisse
berichtet Kapt.-Lieut. von Reiche folgendermassen:
„Die Stadt Wenchawu ist von einer Mauer von, wie es scheint, schon be-
deutendem Alter umgeben, deren Umfang ca. 4 Sm beträgt. Innerhalb der-
selben befinden sich jedoch ausgedehnte Wasserbecken, angebaute Felder und
zahlreiche Gärten, so dass trotz des grossen Flächenraumes die Kinwohnerzahl
uur 40—50000 Köpfe beträgt.
Die Strassen im Innern der Stadt sind gut erhalten; letztere zeichnet sich
überhaupt durch Reinlichkeit und Sauberkeit vortheilhaft vor anderen chinesischen
Städten aus, doch scheint andererseits auch nicht das rege geschäftige Treiben
unter dor Bevölkerung zu herrschen, welches man sonst in chinesischen Hafen-
plätzen zu finden gewohnt ist. Wenchaw macht vielmehr einen mehr ruhigen
und kleinstädtischen Eindruck. Die Einwohner sind höflich und freundlich,
scheinen jedoch ganz übertriebene Begriffe von den Reichthümern der Fremden
zu haben und zu glauben, dass dieselben nur zu dem Zwecke nach Wenchau ge-
kommen seien, um dort das Geld mit vollen Händen auszustreuen.
Die europäischen Kaufleute, von denen nur. zwei bis jetzt vorhanden sind,
klagen sehr über die geringe Neigung der Chinesen, mit ihnen in Verkehr zu
treten, wenn sie auch zugeben, dass die Geschäfte durchaus nicht schlecht gehen.
Nach amtlichen Angaben beträgt der Werth der seit dem 1. April bis Anfang
Juni hier eingeführten europäischen Artikel „4 133422, während für AM 12276
chinesische Produkte aus anderen Häfen importirt worden sind. Die Ausfuhr
hat sich indessen auf den Werth von MM, 1080 beschränkt. Man hofft von
ihr, dass sie sich im nächsten Jahre schon beträchtlich steigern werde, denn
die Theedistrikte liegen Wenchau bedeutend näher; auch ist die Kommunikation
mit denselben von hier aus eine viel leichtere, als von Foochow aus, so dass
nach den Mittheilungen der hiesigen chinesischen Kaufleute der "Thee um ‚AM 30
bis 60, je nach der verschiedenen Güte, pro Picul nach Wenchau billiger
versandt werden kann, als nach Foochow. In diesem Jahre (1877) geht der
Theeexport dieser Gegend jedoch noch über Foochow vor sich, da für dasselbe
die Theebauern noch an die chinesischen Kaufleute in Foochow durch Kontrakto
gebunden sind.
Von Proviant ist mit Ausnahme von Weichbrod und etwas Gemüse zu-
nächst noch nichts zu bekommen, und muss die Verpflegung der Mannschaft,
da das allein vorhandene frische Schweinefleich nicht gut ist, lediglich aus See-
proviantartikeln bestehen. Hammelfleisch ist nur selten und in geringen Quanti-
täten, Rindfleisch noch gar nicht zu beschaffen.
Das Wasser des Flusses ist diekschlammig, von gelber Farbe und gleicht
dem des Peiho; wegen der vielen erdigen Bestandtheile eignet es sich nicht zum
Destilliren. Das Trinkwasser wird durch Prähme herbeigeschafft, welche dasselbe
aus einer Quelle, die einige Meilen unterhalb von Wenchau am Fusse eines Berges
entspringt, holen. Von dieser Quelle aus wird das Wasser vermittelst einer
Röhrenleitung aus Bambus über ein Reisfeld hinweg an das Ufer des Kanals,
in welchem die Prähme liegen, geleitet. Das Wasser des Flusses selbst ist
frisch und nur manchmal zur Zeit der Fluth etwas brackig.
Unter gewöhnlichen Umständen beträgt bei Wenchau die Dauer der Ebbe
74 30min, die der Fluth 4* 502, Die Zeit des Stillwassers hält ungefähr
20min an, Die Ebbe läuft mit einer Geschwindigkeit von 2,7 bis zu 4 Knoten,
die Fluth von 1,7 bis zu 2 Knoten. Die Fluthhöhe beträgt 6,2m. Die Hafen-
zeit ist 9* 35=ia, Nach anhaltenden und starken Regengüssen, wie sie nament-
lich während des Frühjahrs und Sommers häufig sind, hält ein auslaufender
Strom oft mehrere Tage hiuter einander an und erreicht eine Schnelligkeit von