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Full text: 6, 1878

Ableitung der Normaltemperatur der deutschen Stationen für die 
Wetterberichte der Deutschen Seewarte, 
(Mittheilung von der Deutschen Seewarte.) 
Um cin richtiges Bild von dem augenblicklichen Witterungszustande eines 
Ortes und eines Landes zu erhalten, ist die Vergleichung der jeweiligen Luft- 
temperatur mit jener, welche zu derselben Jahreszeit in anderen Jahren ge- 
herrscht hat, durchaus erforderlich. Die Aufnahme der Abweichungen der 
Temperatur von der normalen in die Weiterberichte der Seewarte lag deshalb 
von Hause aus im Plane, erforderte jedoch zu ihrer Durchführung die vorher- 
gehende Berechnung von Normalwerthen der Temperatur für die in dem Bericht 
enthaltenen Stationen. ei” 
Unter Normalzierthen der Temperatur versteht man Durchschnittswerthe 
aus einer. %Q \angen Reihe von Jahren, dass das Hinzutreten neuer Jahrgänge 
in, beliebiger Anzahl dieselben nicht in merklichem, oder doch nicht in erheb- 
lichem Maasse mehr modificiren — ein Resultat, welches freilich nur dann er- 
reichbar ist, wenn keine fortschreitende Aenderung des Klimas vorhanden ist; 
eine solche hat jedoch in der That, wenigstens für gemässigte Breiten, in 
pistorischer Zeit noch von Niemand mit einiger Sicherheit nachgewiesen werden 
önnen, 
Neben’ dieser, wegen des relativ geringen Alters genauerer meteorologi- 
scher Beobachtungen und wegen der Veränderlichkeit der lokalen Umstände 
(besonders in wachsenden Städten), stets nur bis zu einem mässigen Grade 
erreichbaren Bedeutung haben indessen Normaltemperaturen, bei Berechnung 
derselben für ganze Stationscomplexe, die Bedeutung einer, wenn auch nicht 
absoluten, so doch bei allen Orten möglichst vergleichbaren Nulllinie, von 
welcher ausgegangen werden kann, wenn man die unperiodischen Aenderungen 
der Witterung, die Störungen, in ihrer geographischen Verbreitung nach Aus- 
schluss der constanten und periodischen klimatischen Unterschiede der ver- 
schiedenen Orte erkennen will. Für die Wetterberichte der Seewarte, welche 
bestimmt sind, die räumliche Ausdehnung gleichzeitiger Witterungsvorgänge, 
so wie deren zeitliche Entwickelung, vorzuführen, mussten die letzteren Gesichts- 
punkte bei der Berechuung der Normaltemperaturen hauptsächlich bestimmend 
sein. Es handelte sich demnach ganz besonders darum, eine möglichst voll- 
ständige Vergleichbarkeit der für benachbarte Orte und auf einander folgende 
Tage erhaltenen Abweichungen von der Normalen zu erzielen, um die factische 
Continuität und Gesetzmässigkeit in den Erscheinungen nicht durch die Ver- 
schiedenheit der Ausgangspunkte zu verwirren und die zu liefernden Daten zu 
Untersuchungen brauchbar zu machen. Weniger wesentlich für diesen Zweck 
war, dem oben Gesagten zufolge, die Erreichung an und für sich möglichst lang- 
jähriger Mittelwerthe für die Temperatur der einzelnen Tage und einzelnen Orte. 
Die gewöhnlich zur Ermittelung der Abweichung der Temperatur der 
Einzeltage von ihrem Normalwerthe angewandte Methode besteht darin,. dass 
für jeden Ort aus möglichst vielen Jahrgängen direct die Mittel entweder für 
jeden einzelnen Tag, oder für Gruppen von 3—5 Tagen abgeleitet, und diese 
Mittel als Normalwerthe genommen werden. Da die Mitteltemperaturen der 
einzelnen Tage noch im Durchschnitt von 50 und selbst 100 Jahren einen höchst 
unregelmässigen Gang zeigen!) und auch nur von wenigen Orten berechnet und 
publicirt vorliegen, so bedient man sich zu diesem Zwecke mehr der Mittel 
von 3, 5 oder 10 Tagen und lässt dann meist für je 3 oder 5 auf einander 
folgende Tage denselben Werth als normal gelten. Allein einerseits zeigen, wie 
dieses z. B. aus der beiliegenden Tafel I ersichtlich ist, auch die Pentaden- 
mittel aus 25 Jahren noch starke Sprünge in ihrem jährlichen Gange, andererseits 
L 
1) Vgl. die 25. und 110-jährigen Tagesmittel der Temperatur für Berlin auf Tafel II. 
Ann, d. Hydr., 1878, Heft I (Januar).
	        
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