Nordseezustand 2004
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2 Atmosphärenphysik
Die Atmosphäre ist der Motor, der die Entwicklung des ozeanographischen Zustands
der Nordsee wesentlich antreibt und steuert. Besonderheiten und Anomalien der at
mosphärischen Zirkulation stehen vielfach am Anfang von Wirkungsketten, die sich
über ozeanographische Zustandsvariablen, Verteilungsmuster von Schad- und Nähr
stoffen bis hin zu biologischen Phänomenen wie Planktonblüten oder Anomalien in der
Artenzusammensetzung erstrecken.
Eine Interpretation ozeanographischer Zustandsanomalien setzt also Kenntnisse über
den Zustand der Atmosphäre voraus. Ein wichtiger Zustandsindikator ist der Nordat
lantische Oszillationsindex. Dessen Aussagekraft beschränkt sich jedoch auf die kalte
Jahreszeit, wenn die atmosphärische Zirkulation hinreichend stark ist, um eine spür
bare Fernwirkung in der Nordseeregion zu erzeugen (Loewe et al. 2003). Eine diffe
renziertere, zuverlässigere aber auch aufwendigere Analyse des Zirkulationszustands
resultiert aus der Betrachtung der großräumigen Luftdruckverteilungen über der Nord
see selbst. Diese bilden die Basis für die Klassifizierung täglicher Großwetterlagen,
die Identifizierung von Sturmereignissen, aber auch für die erstmals präsentierte mo
natliche und saisonale Wetterlagenstatistik. Für diese längeren Zeitskalen wurden
darüber hinaus Luftdruckklimatologien bestimmt, welche die Identifizierung und Be
wertung aktueller Zirkulationsanomalien ermöglichen.
Einen weiteren Schwerpunkt dieses Kapitels bildet die statistische Analyse des
»Nordseewindes«, der für diese Region repräsentativ ist. Der Nutzen der über die all
gemeine atmosphärische Zirkulation gewonnenen Kenntnisse wird schließlich im
Rahmen der Interpretation von Jahresgängen der Lufttemperatur sowie der Sonnen
einstrahlung auf Norderney demonstriert.
Weitere Beiträge zu Wind- und Zirkulationsbedingungen werden in den Abschnitten
3.1.3, S. 67 (DB-Zirkulation), 3.2, S. 74 (Seegang) und 3.4.2, S. 95 (Mischmasch-Klima) an-
geboten, wo sie im Zusammenhang mit Strömungsmustern in der Deutschen Bucht,
Seegang und Meerestemperaturregimes diskutiert werden. Atmosphärischen Ursa
chen für Zustandsanomalien anderer physikalischer oder chemischer Variablen wird
ggf. im Rahmen der Diskussion der jeweiligen Zustandsgröße Rechnung getragen
(z. B. Abschnitt3.3.2,5.89, Wasserstandsentwicklung).