Physikalische Ozeanographie
Nordseezustand 2004
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Im Jahr 2004 beschrieb die Trajektorie des Nordseewinds einen Torkelpfad um die
Klimatologie. Die Querungen standen gewöhnlich mit monatlich alternierenden und
sich dadurch annullierenden Anomalien der meridionalen Windkomponente in Verbin
dung. Die Gesamtwegstrecke entlang der aktuellen Trajektorie wurde mit einer mittle
ren Geschwindigkeit von 8.4 m/s zurückgelegt und blieb wie im Vorjahr (7.6 m/s) deut
lich unter der klimatologischen Windgeschwindigkeit von 9.0 m/s. Die Nettoversetzung
entsprach im Jahr 2004 einem mittleren Vektorwind von 4.0 m/s aus W (261 °), der sich
nur unwesentlich vom klimatologischen Vektorwind unterschied (3.7 m/s aus WSW,
256°).
Der Jahresgang der Globalstrahlung auf Norderney entsprach im Jahr 2004 insge
samt dem normalen klimatologischen Verlauf. Geringe Überschüsse im März, April
und September kamen unter Hochdruckeinfluss zustande. Die jahreszeitliche Ent
wicklung der Lufttemperatur auf Norderney verlief ähnlich normal. Nennenswerte
positive Abweichungen traten im April und August auf und wurden durch Zufuhr kon
tinentaler Warmluft aus SE erklärt. Die Mitteltemperatur des meteorologischen Som
mers (JJA) blieb dennoch hinter den »mediterranen« Temperaturen der Sommer 2002
(17.9 °C) und 2003 (18.3 °C) klar zurück, war jedoch mit 16.7 °C aus statistischer Sicht
durchaus normal.
Physikalische Ozeanographie
Die atmosphärische Zirkulation über der Nordsee bildet sich in Muster und Intensität
der Oberflächenströmungen ab. Das aufgrund vorherrschender Winde aus SW
bis NW charakteristische zyklonale Strömungsmuster (großräumige Rotation im Ge
genuhrzeigersinn) war im Jahr 2004 nicht auf Herbst und Winter beschränkt, sondern
trat im Sommerquartal ebenfalls deutlich hervor. Der gegenüber dem Vorjahr stärkere
Windantrieb schlug sich in höheren Stromstärken und einer reduzierten Richtungsva
riabilität nieder. Ungewöhnlich häufige NW-Winde gingen mit einem starken nördli
chen Einstrom salzreichen atlantischen Wassers einher. Die Nettotransporte durch
Kanal und Kattegat lagen mit 0.015 bzw. 0.044 Sv/a im Normalbereich.
Der Strömungskalender dokumentiert die Abfolge täglicher Strömungsmuster in
der Deutschen Bucht. Im Jahr 2004 (2003) stellten sich hier an 160 (150) Tagen zyklo
nale, an 71 (50) Tagen antizyklonale und an 77 (109) Tagen variable Zirkulationsmus
ter ein. Das vergleichsweise seltene Auftreten diffuser (variabler) Muster ergab sich
aus einer entsprechenden Reduktion schwachwindiger Hochdruckwetterlagen gegen
über dem Vorjahr. Die Zunahme antizyklonaler Strömungsformen war Folge gehäufter
NW-Wetterlagen. Weitere enge Zusammenhänge zwischen Strömungs- und Wetterla
genkalender wurden aufgezeigt. So generieren SW-Wetterlagen fast ausschließlich
zyklonale Strömungsmuster. Beide Kalender stellen wichtige Hilfsmittel zur Interpreta
tion anomaler Ereignisse in abhängigen Zustandsvariablen dar.
Seegang ist der winderzeugte Schwingungszustand der Meeresoberfläche. Das
Seegangsklima im Jahr 2004 wurde durch saisonale geographische Verteilungen von
signifikanter Wellenhöhe, Windsee- und Dünungsrichtung charakterisiert. Im Winter,
Sommer und Herbst waren die mittleren Wellenhöhen um bis zu 0.5 m höher als in
den entsprechenden Quartalen des windschwachen Vorjahres. An repräsentativen
Positionen blieben die mittleren und maximalen Wellenhöhen jedoch unter den klima
tologischen Vergleichswerten. Wind und Windsee kamen in diesen Jahreszeiten
durchweg aus W-lichen Richtungen. Die Dünung hatte in allen Jahreszeiten NW-liche