Die Meteorologie war ein wesentliches Betätigungsfeld der Deutschen Seewarte. Wenn
vielleicht deshalb ein Meteorologe das Schlußwort auf dieser Veranstaltung bekommt, muß er
der Leistungen dieser berühmten wissenschaftlichen Institution in Hamburg für die Meteorologie
gedenken.
Vor 125 Jahren war Deutschland in Länder geteilt, die Einigungskriege waren noch nicht
überstanden. Der Traum von 1848 nach Einigkeit und Recht und Freiheit war nicht ausgeträumt.
Neumayer war von dem Gedankengut des Sozialökonomen Friedrich List durchdrungen
und hielt die Ordnung des Seewesens für eine „gesamtdeutsche Aufgabe‘, Eine deutsche See-
warte als Reichsinstitut schwebte ihm vor. Der Gedanke war nicht neu. Im Ausland gab es
derartige staatliche Institute.
Georg von Neumayer betrieb nach Beendigung seines Physikstudiums Forschungen in der
Antarktis und in Australien, baute mit Unterstützung des bayerischen Königs und des hamburgi-
schen Senats in Australien Observatorien zur Erforschung des Erdmagnetismus auf, kehrte 1864
nach Deutschland zurück und warb für „die Errichtung einer deutschen Seewarte, ein nautisch-
meteorologisches und hydrographisches Institut für die Nordküsten Deutschlands, als eine
Notwendigkeit für die Hebung des deutschen Seewesens‘“. „Die Gesamtheit aller Deutschen
Staaten“ möge sich „in würdiger Weise‘ der Verwirklichung annehmen. Er mußte sehr rasch
gehandelt haben, denn schon 1865 kündigte der Reeder Adolf Hertz den Vorschlag in der
Handelskammer Hamburg an. Jedoch der Krieg 1866 machte eine deutsche Lösung für die
Seewarte unmöglich. Neumayer zog sich aus dem Vorhaben zurück, als der Antrag an Handels:
kammer und Senat in Hamburg keinen Erfolg hatte.
Wilhelm von Freeden besaß großes Einfühlungsvermögen, er startete die kleine Lösung
auf kaufmännischer Basis mit der Handelskammer. Er war Rektor der Navigationsschule Elsfleth,
wurde durch Erbschaften unabhängig und ließ sich aus dem Staatsdienst entlassen. Am 1. Januar
1868 eröffnete er die Norddeutsche Seewarte unter Einsatz seines eigenen Kapitals versuchsweise
für zwei Jahre. Die Hamburger Handelskammer mit Unterstützung der Bremer Handelskammer
sowie 28 Reeder erklärten ihren Willen, die Zwecke des Instituts zu fördern. Als wichtigste
Aufgabe galt, die ozeanischen Reisen zu sichern und abzukürzen. Die Schiffsführer lieferten
dem Institut Daten. Das Institut empfahl Seglerwege, die die Eigenheiten des Schiffes und die
Erfahrung des Kapitäns einbezogen. Die von ihm beratenen Schiffe gewannen auf der Ausreise
7,1 Tage und auf der Heimreise noch 4,0 Tage gegenüber den Mitseglern. Dadurch bewies
Wilhelm von Freeden der Hamburger Handelskammer, daß „die Seewarte nach der üblichen
Berechnungsweise dem Gemeinwesen ihre Kosten mehr als eingebracht habe“. Das ist eine
Rechtfertigung, die auch heute von uns gefordert wird.
Kaufmännisches sparsames Handeln und kundenbezogenes Denken prägte die Seewarte
und die Nachfolgeinstitute von der Gründung bis heute. Jedoch zeigte es sich rasch nach
Gründung der Seewarte, daß wesentliche Aufgaben nur durch staatliche Zuwendungen erfüllbar
sind.
Segelanweisungen der Seewarte nutzten mehr Bremer Reeder und auch Ausländer als
Hamburger Schiffe. So kamen die finanziellen Zuwendungen der Handelskammer Hamburg
spärlicher. 1870 übernahm der Bund, 1871 das Reich einen Teil der Kosten, das Institut wurde
1872 in Deutsche Seewarte umbenannt und 1875 eine Reichsanstalt. Herr von Neumayer wurde
ihr erster Direktor. Herr von Freeden erhielt eine Abfindung von 21.000 Goldmark und machte
der Seewarte private Konkurrenz. Sicherlich sind unsere Institute, das BSH und das Seewetter-
amt, mehr wert, jedoch findet sich wohl kaum ein Käufer, weil die Kosten hoch und die
Einnahmen geringer sind.
Vor einhundert Jahren nutzten die Segler den Rat und die Segelanweisungen der Seewarte.
aber sie übernahmen nicht als Nutzer die Kosten des Instituts, weil diese durch vielfältige
andere Aufgaben entstanden. Das ist bis heute so geblieben. Beim Deutschen Wetterdienst
betragen die Kosten für Datengewinnung und -übermittlung, internationale Verpflichtungen,
Überwachung der Atmosphäre zum Schutz der Allgemeinheit und andere Aktivitäten für die
Wissenschaft über 60% des Haushaltes, die nicht den Nutzern in einer betriebswirtschaftlichen
Rechnung aufgebürdet werden können.
2.