sondern Rückgrat haben, um ihre Bedeutung in den veränderten Relationen mit Gewicht und
Nachdruck einzubringen. Ich versuche dies jedenfalls in Bonn.
Die Verlegung eines Teils des Bundesamtes für Seeschiffahrt und Hydrographie nach
Rostock ist nicht eine Entscheidung der Bundesregierung, sondern sie ist ein Kompromiß, der
in der Föderalismuskommission erarbeitet worden ist. Wenn es hierzu Alternativen gibt, dann
sollten diese dort nochmals diskutiert werden. Ich habe meinen verantwortlich zeichnenden
Beamten vorgegeben, die Verlagerung vor allem unter den menschlichen und persönlichen
Aspekten zu prüfen.
Es ist völlig absurd zu glauben, wir könnten das Zusammenleben nach der Deutschen
Einheit durch Stichtagskonzepte realisieren. Die Deutsche Einheit wird ein Prozeß über viele
Jahre des gemeinsamen Kennenlernens und des gemeinsamen Gestaltens werden. Wir müssen
den Menschen eine Perspektive geben.
Ich glaube, daß wir alle in den nächsten Jahren einen entscheidenden Beitrag zu einer
Denkweise in großen Zusammenhängen zu leisten haben. Hierzu bietet das Meer — wie kaum
etwas anderes auf unserem Planeten — die Chance, neue Gedanken zu erarbeiten. Dabei dürfen
wir aber Nutzen nicht mit Verschwendung und Ausnutzung nicht mit Vernichtung verwechseln.
Für die Gestaltung der Verkehrspolitik wird es aus meiner Sicht deshalb sehr wichtig werden,
alle Fragen, die mit energetischen Ressourcen zusammenhängen, in den Mittelpunkt auch der
öffentlichen Diskussion zu stellen. Aus energetischer Sicht sollten die Seeverkehrsträger, wo
dies möglich ist, in einem weitaus größeren Umfang eingesetzt werden.
Es gibt ein weiteres großes Gebiet, wo ich auf ihre Mitarbeit hoffe: In den nächsten Wochen
wird ein Maßnahmenpaket mit der Internationalen Schiffahrts-Organisation zu erörtern sein,
um die Sicherheit der Seefahrt, insbesondere der Tankschiffahrt, zu erhöhen. Nicht einverstanden
sind wir mit dem Lebensalter der Tanker. Auch sollte in der Schiffahrt nach dem Vorbild der
Luftfahrt eine einheitliche Sprache eingeführt werden. Die jüngsten Unfälle der Vergangenheit
haben dieses Manko drastisch verdeutlicht. Für beide Bereiche brauchen wir Konzepte und
Vereinbarungen, die international erarbeitet worden sind und die weltweit gelten.
Die Seeschiffahrt in Deutschland sollte auch stärker die modernen Systeme der Logistik
einsetzen. An einem Beispiel will ich dies erläutern: Der Lkw ist in Europa zur Zeit der
Küstenschiffahrt überlegen. Wir müssen hier die Rahmenbedingungen so ändern, daß es wesent-
lich günstiger werden wird, künftig die Küstenschiffahrt zu benutzen. Dabei helfen uns die
guten Erfahrungen in der erfolgreichen Zusammenarbeit der Seeschiffahrt mit den Häfen.
Wir dürfen vor den Herausforderungen, die vor uns stehen, nicht resignieren. Dies gilt
auch für die Aufgaben aus der Deutschen Einheit, die für uns nicht Probleme, sondern Chancen
sind. Sie sind deshalb Chancen, weil wir in Deutschland die Möglichkeit haben, alles im Osten
in Form einer gemeinsamen Wirtschaftsinitiative aufzubauen, was dort in 40 Jahren versäumt
worden ist. Und das bedeutet Wachstum. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Steuern nicht
arhöht werden, denn Steuererhöhungen behindern letztendlich ein Wachstum.
Wenn man sich diese Wachstumsprozesse ansieht, wird die Ostsee aus vielerlei Gründen
eine neue Bedeutung gewinnen. Wir müssen unsere Haltung zur Ostsee ergänzen. Es ist nicht
abwegig, daß im Jahre 2000 oder 2005 vielleicht 2 oder 3% der russischen Staatsbürger durch
Deutschland reisen, um Europa kennenzulernen. Das sind 3 bis 5 Mio. Gäste, die unser Land
durchqueren, weil durch Deutschland bekannterweise fünf der sieben europäischen Hauptver-
kehrsmagistralen laufen. Die Ostsee ist der einzige zuverlässige und leistungsstarke Verkehrsweg,
der bereits heute vorhanden ist. Es wird eine Neubelebung des Gedankens der Hanse an der
Ostsee geben müssen, um diese Wachstumspotentiale bewältigen zu können. Ich bin sehr dankbar.
daß auch Mecklenburg-Vorpommern vorbehaltlos in diese Aufgabenstellung eingebunden ist.
Ich bin der festen Überzeugung, daß wir in sehr enger Zusammenarbeit die Zukunft
gestalten werden, indem wir nicht nur feststellen, was in der Vergangenheit der ehemaligen
DDR falsch war, sondern indem wir uns auch fragen, welche Aufgaben für das nächste Jahrtau-
send bereits jetzt zu realisieren sind, die dann auch unseren Kindern und unseren Enkeln wirklich
helfen. Ich bin sicher, daß die fünf norddeutschen Bundesländer Ihrer Behörde eine angenehme
Heimat bieten.