2.2 Großwetterlagen
Nordseezustand 2003
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2.2 Großwetterlagen
Zirkulationsindizes wie der NAO-Index liefern eine kompakte Information zur Charak
terisierung der großräumigen atmosphärischen Zirkulation, welche die maßgeblichen
Antriebsbedingungen für ozeanographische Zustandsänderungen definiert.
Eine differenziertere, ebenfalls seit langem gebräuchliche Methode zur integralen Be
schreibung der regionalen atmosphärischen Zirkulation besteht in der Definition von
Zirkulationsmustern oder Großwetterlagen< (Baur et al. 1944, Lamb 1950).
Für diesen Bericht wurde ein automatisches Verfahren implementiert, das von Jenkin-
son und Collinson (1977) zur Objektivierung der >Lamb Weather Types< entwickelt
worden war und eine Klassifizierung der täglichen Großwetterlage ausschließlich auf
Basis von Luftdruckdaten im Meeresniveau erlaubt. Durch seine bestechende Ein
fachheit ist dieses Verfahren zu einem vielgenutzten Werkzeug z. B. bei der Analyse
von regionalen Klimaänderungen avanciert (Jones et al. 1999, Omstedtetal.
2004).
Das Verfahren wurde auf einen Nordsee-Teildatensatz der täglichen nordhemisphäri
schen Luftdruckfelder im Meeresniveau des UK Met Office angewendet. Dieser Da
tensatz wurde freundlicherweise vom British Atmospheric Data Centre zur Verfü
gung gestellt (badc.nerc.ac.uk/data/mslp).
2.2.1 Klassifizierung
Aus der täglichen Luftdruckverteilung im mittleren Meeresniveau werden zwei für die
Nordseeregion repräsentative Indizes für Wind und Vorticity (Wirbelstärke) abgeleitet.
Empirische Relationen zwischen beiden Größen legen anschließend nicht nur den
Zirkulationstyp fest (Zyklonal, Nordwest etc.), sondern erlauben darüber hinaus die
Identifizierung von Sturmereignissen. Eine ausführliche Beschreibung der Methodik
findet man in Anhanges. 185.
Abb.2-3 zeigt die Luftdruckverteilung des Orkantiefs vom 21. Dezember 2003. Dieser
stärkste Sturm des Jahres ist ein Beispiel für den zyklonalen Rotationstyp >C<, den das
Verfahren durch Auswertung des Luftdrucks an den gekennzeichneten 16 Gitterposi
tionen automatisch zuordnet. Weitere Klassifizierungsbeispiele findet man in
Abschnitt 2.3,5.35.
Die bivariate Verteilung der täglichen Windgeschwindigkeits- und Vorticity-Indizes ist
in Abb.2-4 für den Zeitraum 1971 -2000 dargestellt. Während das Vorzeichen des
Vorticity-Index eine zyklonale (+) bzw. antizyklonale (-) Krümmung der Isobaren an
zeigt, hätte die Einführung eines Vorzeichens für den Geschwindigkeitsbetrag unter
bleiben können. Das Vorzeichen dient hier zur Unterscheidung von Winden aus der
westlichen (+) bzw. östlichen (-) Hemisphäre. Die Asymmetrie der »Schmetterlings
flügel« macht deutlich, dass die Nordsee in der geographischen Zone ostwärts wan
dernder Wellen und Wirbel liegt, welche eine Vorherrschaft von Winden aus NW- bis
SW-lichen Richtungen bedingen.
Ein vielleicht zunächst erstaunlicher Befund besteht darin, dass der Verteilungsgipfel
im negativen Vorticitybereich auftritt und demzufolge antizyklonale Rotationsformen
am häufigsten Vorkommen. In seiner Studie zur Zirkulationsklimatologie in Schweden,
in der das gleiche Klassifikationsverfahren - jedoch für die zentrale geographische
Breite 60° N - angewendet wurde, findet Chen (2000) eine größere Häufigkeit zyklo-