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BSH
Ozeanographischer Zustandsbericht
Aus Abschnitt 2.1.1 ist bekannt, dass die NAO im Winter in Nordwesteuropa die Rolle eines
Moderators des Kontinentalklimas einnimmt. Die Temperaturverhältnisse sind hier umso
maritimer, je stärker Warmluftadvektion vom Nordatlantik zur Geltung kommt (NAO + ), und
umso sibirischer je geringer diese ausfällt (NAO ). Dieser Zusammenhang muss sich in einer
positiven NAO-SST Korrelation niederschlagen, und wird in Abb. 3-9 erwartungsgemäß wie
dergegeben.
1870
1880
1890
1900
1910
1920
1930
Abb. 3-8 Pseudo-2D Zeitserie der monatlich gemittelten Oberflächentemperatur (°C) bei
Helgoland-Reede seit 1873. (Quelle: BAH, BSH.)
Fig. 3-8 Pseudo-2D time series of monthly mean SST (°C) since 1873 at Helgoland-Reede.
(Source: BAH, BSH.)
Im Sommer, nach dem Vorzeichenwechsel im Temperaturkontrast Ozean-Kontinent, sollte
sich an der Moderatorrolle der NAO nichts ändern, denn verstärkte (verminderte) Kaltluftad-
vektion vom Nordatlantik für NAO + (NAO ) Zustände müsste jetzt kühlere (sehr warme)
Temperaturbedingungen zur Folge haben und in einer negativen NAO-SST Korrelation zum
Ausdruck kommen. Ein derartiger Zusammenhang ist in Abb. 3-9 allenfalls ansatzweise im
Mai der 1960er Jahre erkennbar und demnach statistisch nicht nachweisbar.
Dies bedeutet nicht, dass die sommerlichen Temperaturen nicht maritim moderat sind,
sondern dass das maritime Sommerklima nicht NAO-gesteuert ist. Die Ursache hierfür
besteht in der diffusen Ausprägung des Islandtiefs in dieser Jahreszeit, die sich wiederum
aus gegenüber dem Winterhalbjahr erheblich reduzierten meridionalen Temperaturgegen
sätzen über dem Nordatlantik erklärt. Die atmosphärische Zirkulation ist dann zu schwach,
um eine spürbare Fernwirkung (tele-connection) in der Region Nordsee zu erzeugen. Die
vermutete negative Korrelation zwischen Westströmung und Temperatur im Sommer lässt
sich jedoch für weiter östlich gelegene Zonalindizes - wie etwa die Druckdifferenz Paris-
London - eindeutig nachweisen (Slonosky et al. 2001).