Nordsee und Deutsche Bucht 2002
BSH
17
Die monatlichen dynamischen NAO-Zustände seit 1879 verteilen sich deutlich komplexer
über den gesamten Phasenraum. Die 0.5, 1, 1.5 und 2% Konturen umhüllen 81, 64, 39 bzw.
17% aller Zustände {Abb. 2-3). Interessanterweise treten nicht die erwarteten zwei, sondern
drei (bis vier) Häufungen oder Moden 1 auf, welche an Zustandsleitern von Energieeigen
werten in quantenmechanischen Systemen erinnern. Diese Verteilungsgipfel konzentrieren
sich um die Indizes 1.8, 0.6, -0.6 (und -1.8). Eine Deutung des ersten und zweiten Modes als
Resultat einer Schwingung um x=1.2 sowie des zweiten und dritten Modes als Schwingung
um das tiefere Niveau x=0 würde u.a. die starke Ausprägung des mittleren Modes erklären.
Wenn Zeitabschnitte wie etwa die 1960er oder 1990er Jahre als Phasen tiefer bzw. hoher
NAO-Zustände bezeichnet werden, entsteht die Vorstellung einer Phasenrastung (phase
lock) oder eines Stillstands der Oszillation. In solchen charakteristischen durch spontane
Übergänge abgegrenzten Zeitabschnitten (Regimes) herrschen stattdessen offenbar Oszil
lationen um bevorzugte, relativ scharf unterscheidbare Niveaus vor. Diese Regimes schei
nen sich in den in Abschnitt 2.3.4 diskutierten Temperaturregimes der Nordsee abzubilden.
Ein brauchbarer Modellansatz zur Reproduktion der statistischen Eigenschaften und mög
licherweise Vorhersage der NAO ist vielleicht ein modifizierter Duffing-Oszillator (Duffing
1918) mit double-u, triple-u oder sogar multi-u Potential und periodisch-stochastischem An
trieb. Das Potentialbarrieren trennen verschiedene Regimes, während stochastische Reso
nanz bei schwachperiodischem Antrieb spontane Regimeübergänge generieren kann. Ähnli
che Oszillatoren wurden zur Erklärung von Eis- und Warmzeiten vorgeschlagen.
2.1.2 NAO 2002
Neben der relativen Häufigkeit der monatlichen dynamischen NAO-Zustände seit 1879 zeigt
Abb. 2-3 (gelbe Kreise) die Zustandsentwicklung der NAO von Januar 2002 bis März 2003.
Die Abfolge der ungefilterten Zustände ist scheinbar durch eine chaotische Sprunghaftigkeit
gekennzeichnet, die eine höhere zeitliche Auflösung wünschenswert erscheinen lässt. Denn
von Januar bis August ist eine sehr schnelle Flip-Flop-Oszillation zwischen den beiden
positiven Moden - um das Indexniveau x=1.2 - nur mit Mühe erkennbar (vgl. deshalb Tab.
2-1 und Abb. 2-4). 6 der 15 Zustände entfallen auf die Attraktorregionen (rel. H. > 2%), bilden
jedoch keine konsekutive Sequenz.
Erst nach Filterung des hochfrequenten Lärms wird für 2002 ein geschlossener elliptischer
Zyklus sichtbar (Abb. 2-3, blaue Kreise). Der erste Vi-Zyklus ist durch langsame Zustands
änderungen im Attraktorbereich gekennzeichnet. Im zweiten Halbjahr hingegen werden %
des Zyklus mit 3-facher Geschwindigkeit durchlaufen. Der unterbesetzten Zustandsdichte im
dritten Quadranten ist zu entnehmen, dass Übergänge vom positiven zum negativen NAO
Mode typischerweise deutlich abrupter vollzogen werden als umgekehrt.
Die Abszissenwerte der gelben (Ik) und blauen (Ipf6(lk)) Kreise, d.h. die Monatswerte des
NAO-Index, sind in Tab. 2-1 für das Jahr 2002 zusammengefasst und verschiedenen NAO-
Indizes anderer Autoren gegenübergestellt. Die beste Übereinstimmung (r=0.98) besteht
zwischen dem Ik- und dem Hurre/-Index, denen die gleiche südliche Station (Ponta Delgada)
zugrunde liegt. Die linearen Korrelationen Ik versus cruuea (r=0.73) und Ik versus cpccdb
(r=0.69) sind gleichermaßen schlecht. Im ersten Fall erklärt sich dies aus der Entfernung von
ca. 2000 km zwischen den südlichen Stationen; im zweiten Fall aus dem Umstand, dass der
cpccdb-Index nicht als Stationsindex definiert ist, sondern auf einer statistischen Analyse des
700 hPa Höhenanomaliefeldes basiert, in die auch die Verhältnisse im Vor- und Folgemonat
einfließen. Folglich sollte den numerischen Indexwerten insgesamt keine zu hohe quanti
tative Bedeutung beigemessen werden.
1 Ob mit Mode wie hier ein (relatives) Maximum in einer Häufigkeits- oder Wahrscheinlichkeitsvertei
lung gemeint ist, oder aber die Phase der NAO, ergibt der Zusammenhang.